Dass eine Gemeinderatsschreiberin viel schreibt, denkt man sich. Doch das ist natürlich nur ein Teil des Jobs. Was noch dazu gehört und wie ein typischer Tag auf der Gemeinde aussieht, erklärt uns Heidi Romer, Gemeinderatsschreiberin in Balgach. Wir sprechen über Baubewilligungen und Einsprachen, Vertiefungskurse und Dozenten sowie über drei Velos.
Frau Romer, Sie sind Gemeinderatsschreiberin in Balgach. Heisst das, Sie schreiben den ganzen Tag Protokolle?
Ich schreibe viel. Aber sicher nicht nur. Und nicht nur Protokolle.
Was fällt alles in den Aufgabenbereich einer Gemeinderatsschreiberin?
Die Ratskanzlei ist Drehscheibe nach innen und aussen. Nebst dem Schreiben koordiniere und organisiere ich viel, unter anderem Bürgerversammlungen und Abstimmungen. Alle Geschäfte, die in die Gemeinderatssitzung kommen, gehen über meinen Tisch. Dazu gehören Baubewilligungen, Arbeitsvergaben, Rechtsmittelverfahren oder raumplanerische Aufgaben. Hinzu kommen strategische Projekte, wie zum Beispiel ein neues Altersheim oder der Umbau eines Hallenbades. Und dann werde ich meiner Berufsbezeichnung natürlich gerecht und schreibe neben Protokollen auch Korrespondenzen, Medienmitteilungen, Bewilligungen und Verfügungen.
Tönt abwechslungsreich. Wie sieht ein typischer Tag für Sie aus?
Die Tage sind tatsächlich sehr unterschiedlich. Meist bin ich zwischen halb sieben und sieben im Büro. Dann bearbeite ich meine Mails und strukturiere den Tag. Der Tag ist geprägt von den anstehenden Terminen. Dies kann eine Sitzung mit Externen oder kantonalen Stellen sein. Es gibt auch interne Besprechungen, wenn es sich um personelle Angelegenheiten oder ein Verwaltungsprojekt handelt. Oft bereite ich Beschlüsse vor. Die Geschäfte sind verschiedenster Natur: Anliegen aus der Bürgerschaft, Baueinsprachen oder Strassenbauprojekte. Und natürlich tausche ich mich mehrmals täglich mit meinen beiden Mitarbeitenden sowie mit der Gemeinderatspräsidentin aus.
Und dann kommen wahrscheinlich noch öffentliche Veranstaltungen und Gemeinderatssitzungen am Abend dazu. Was tun Sie, wenn Sie einmal frei haben?
Ich habe drei Velos, die bewegt werden wollen: ein Rennvelo, ein Mountainbike und ein Tourenvelo. Und im Winter steige ich dann auf meine Tourenskier um. Ich bin einfach gern draussen. Beim Ausdauersport in der Natur und in den Bergen kann ich wunderbar abschalten.
Es scheint, Sie mögen die Abwechslung …
Absolut, und zwar in meiner Freizeit genauso wie im Beruf. Ich erlebe so viele spannende Dinge, komme mit interessanten Menschen zusammen und kann an ganz unterschiedlichen Aufgaben arbeiten. Bei all dieser Abwechslung habe ich aber auch Konstantes, wie zum Beispiel die rechtlichen Grundlagen. Sie sind der Rahmen, in dem wir uns bewegen. Oft ist es meine Aufgabe, Abklärungen zu treffen, zu recherchieren, Pros und Contras gegenüberzustellen und so fundierte Entscheide vorzubereiten. Das macht mir Spass. Es ist ein tolles Gefühl, die Gemeinde mitgestalten zu können.
Muss man die Region kennen, in der man Gemeinderatsschreiberin ist?
Es ist sicher kein Nachteil, wenn man in der Region aufgewachsen ist. Ich bin erst vor zweieinhalb Jahren nach Balgach gekommen. Vorher war ich Gemeinderatsschreiberin und Leiterin des Sozialamts in Kaltbrunn. Ich bin immer noch dabei, mich in die Gegebenheiten der Gemeinde und Region einzuarbeiten. Aber oft merke ich auch: Es kann von Vorteil sein, von ausserhalb zu kommen. Dann geht man die Dinge neutraler und sachlicher an.
Wie sind Sie zu dem Beruf der Gemeinderatsschreiberin gekommen?
Nach der Schule durfte ich meine Ausbildung zur Kauffrau in der Gemeinde absolvieren. So bin ich direkt in der öffentlichen Verwaltung gelandet – und gern geblieben. 2007 habe ich dann den Vorkurs an der Gemeindefachschule begonnen und zweieinhalb Jahre darauf die Vertiefung «Allgemeine Verwaltung» abgeschlossen.
Letztes Jahr haben Sie an der Akademie St.Gallen noch einen Vertiefungskurs im Bereich Bau und Umwelt absolviert. Warum?
In Balgach habe ich nun noch mehr mit baulichen Aufgaben zu tun. Um meinen Job gut zu machen, brauche ich Fachwissen. Das habe ich mir durch das Vertiefungsstudium angeeignet.
Und können Sie die Theorie in Ihrem Arbeitsalltag anwenden?
Absolut. Das Hintergrundwissen mit den rechtlichen Grundlagen, insbesondere auch mit dem neuen kantonalen Planungs- und Baugesetz, bringt mir enorm viel. Schon während der Ausbildung konnte ich das Gelernte sofort anwenden.
Wie fanden Sie die Ausbildung an der Akademie St.Gallen?
Die Dozenten waren sehr fachkompetent. Einige davon sind beim Kanton tätig. Wir haben viel anhand von Praxisbeispielen gelernt und konnten auch eigene aktuelle Fälle besprechen. Man hat gespürt: Ihnen ist wichtig, dass die Gemeinden mit gutem Know-how ausgestattet sind und Lösungsansätze im Alltag finden. Was ich ebenfalls wertvoll fand: den Austausch mit den anderen Schulkameraden. Dabei erhält man einen Einblick in andere Gemeindeverwaltungen. Man kann immer mal was voneinander lernen.
Was – abgesehen von einer geeigneten Ausbildung – braucht man, um diesen Beruf ausüben zu können?
Neben einem breiten Fachwissen braucht man sicher eine gute Auffassungsgabe, denn man ist ständig mit neuen Situationen konfrontiert und muss mitunter schnell handeln. Viele Themen sind auch sehr komplex. Dann hilft es, vernetzt zu denken, um zu erkennen, wie sich ein Entscheid auf andere Bereiche auswirken kann. Dazu sollte man noch ein Gespür für das politische Geschehen und unterschiedliche Interessenslagen mitbringen.
Was wollten Sie eigentlich als Kind werden? Gemeinderatsschreiberin war Ihnen damals sicher noch kein Begriff, oder?
Nein, das Berufsbild habe ich erst in meiner Ausbildung kennengelernt. Als kleines Mädchen wollte ich immer Tierärztin werden. Wahrscheinlich, weil ich auf einem Bauernhof in der Linthebene aufgewachsen bin und immer Tiere um mich hatte.
Sie haben mit Ihren 33 Jahren schon viel erreicht. Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Auf jeden Fall weiter in diesem Job. Mir gefällt meine Aufgabe. Ich sehe mich gern in der vorbereitenden und umsetzenden Rolle. In den nächsten Jahren will ich mich noch tiefer in die verschiedenen Themenbereiche einarbeiten und meine Erfahrungen ausbauen.
Dann wünschen wir Ihnen viel Erfolg und bedanken uns für das Gespräch.