Ein grosses Auge auf der Praxis

Roland Kenel ist Leiter der Personalbetreuung bei der Rhätischen Bahn und weiss deshalb genau, was angehende HR-Verantwortliche für den Job mitbringen müssen. Deshalb war er auch der richtige Mann, als es darum ging, den Weiterbildungslehrgang «HR-Fachleute mit eidg. FA» zu konzipieren. Zudem ist er langjähriger Dozent im Lehrgang «Sachbearbeiter/in Personalwesen edupool.ch». Wir sprechen mit ihm über Handlungskompetenzen, hohe Ansprüche und Trends im HR.

Herr Kenel, gemeinsam mit Ihrem Kollegen André Poltera haben Sie den Lehrgang HR-Fachleute mit eidg. FA konzipiert. Wie geht man an so eine Aufgabe heran?

Die Trägerschaft der Berufsprüfung gibt grundsätzlich erst einmal die Handlungskompetenzen vor, die von den Studierenden erlernt werden müssen. Wir fragen uns also: Wie muss der Lehrgang aufgebaut sein, damit die Studierenden an der Prüfung die Handlungskompetenzen nachweisen können. Daraus ergeben sich Themenfelder, die mit Büchern und Beispielen gelehrt werden. Theorievermittlung, doch immer mit einem Auge auf die Praxis. Das ist uns wichtig.

Ist die Gestaltung des Lehrgangs damit abgeschlossen? Oder gibt es immer wieder Aktualisierungen?

Grundsätzlich ist die Konzeption inzwischen abgeschlossen. Der Lehrgang läuft in seiner dritten Durchführung ja auch sehr erfolgreich mit einer zuletzt sehr hohen Erfolgsquote. Ein Jahr nach dem Start des Lehrgangs haben wir jedoch noch einmal korrigierend eingegriffen. Seitdem dürfen bei sämtlichen internen schriftlichen Prüfungen mit wenigen Ausnahmen keine Lehrmittel benutzt werden, obwohl das bei der eidgenössischen Prüfung erlaubt ist. Wir wollen, dass die Studierenden nicht einfach aus dem Lehrbuch wiedergeben, sondern die Grundlagen verinner­lichen und reflektieren.

Hohe Ansprüche …

… die sich aber auszahlen. Wie gesagt, unsere Erfolgsquote bei den eidgenössischen Prüfungen ist sehr hoch. Sie lag zuletzt mit 95% deutlich über dem schweizweiten Durchschnitt.

Was müssen die Studierenden für den Lehrgang zur HR-Fachperson mitbringen?

Sie müssen eine Grundlagenausbildung im HR-Bereich und mindestens zwei Jahre Berufspraxis im HR-Umfeld vorweisen können. Das ist eine zulassungsspezifische Voraussetzung und das braucht es auch für einen erfolgreichen Abschluss.

Wie findet jetzt zum Beispiel eine gelernte Floristin den Einstieg ins HR?

Zuerst einmal braucht sie Grundlagenwissen. Und das vermittelt die Akademie St.Gallen mit der Ausbildung Sachbearbeiter/in Personalwesen edupool.ch.

Was heisst edupool?

Edupool ist eine Vereinigung von Weiterbildungsinstitutionen, die Lehrgänge inklusive Lehrmittel entwickelt und Prüfungen durchführt. Sie ist zu einem Zeitpunkt auf den Markt gekommen, als es für die Bildungsstufe Sachbearbeiter HR schweizweit keine einheitlichen Prüfungsziele und Unterlagen gab. Da hat die Vereinigung eine Pionierrolle übernommen.

Zurück zu unserer Floristin. Wie geht es mit ihr weiter?

Nach ihrer erfolgreichen Ausbildung zur Sachbearbeiterin Personalwesen edupool.ch kann sie zum Beispiel ihr Fachwissen im Floristik-Bereich nutzen und Personalaufgaben in ihrer Branche übernehmen. Nach mindestens zwei Jahren Praxis hat sie die Möglichkeit, die Weiterbildung zur HR-Fachperson anzufangen.

Aus welchen Berufen kommen denn die Studierenden in den Sachbearbeiter-Lehrgang?

Knapp die Hälfte sind immer noch Kaufleute, aber die Zahl der Quereinsteiger wird grösser. Beim kaufmännischen Berufsbild nimmt die Spezialisierung seit geraumer Zeit zu: Will ich ins Marketing, ins Rechnungswesen oder eben in den Personalbereich? Auf diesen Entscheid folgen die jeweils zielgerichteten Weiterbildungen.

Was meinen Sie: Ist der Lehrgang Sachbearbeiter eine gute Basis für weitere Ausbildungen?

Ich finde, er ist eine perfekte Grundlage. Er ist stofflich betrachtet umfangreicher als die HR-Assistenzausbildung, die man ja zwingend bestehen muss, bevor man zur Berufsprüfung einer weiterführenden Ausbildung zugelassen wird. Wer die Sacharbeiterausbildung edupool.ch abgeschlossen hat und über genügend Berufspraxis verfügt, muss nicht noch mal eine separate Zulassungsprüfung ablegen.

Sie sind Fachmann und stellen auch selbst Mitarbeitende im HR-Bereich ein. Worauf achten Sie?

Für mich ist Handlungskompetenz tatsächlich ein zentraler Punkt. Anwenden-können ist wichtiger als Auswendig-wissen. Die Theorie ist für alle dieselbe, aber die Branchen und Unternehmenskulturen unterscheiden sich. Das theoretische Wissen muss also überall unternehmensspezifisch angewendet werden. Dafür braucht es Grundlagenwissen und dann die Schulung der Handlungskompetenzen.

Was sind die Trends im HR? Was hat sich in den letzten fünf Jahren verändert?

Wir haben definitiv einen Fachkräftemangel in den verschiedensten Branchen zu verzeichnen. Die grosse Herausforderung im HR wird es sein, die Unternehmen mit Blick auf die demografische Entwicklung mit quantitativ und qualitativ genügend Personal zu bedienen. Man muss Talente gewinnen und halten. Im Zuge dessen wird auch das Thema Employer Branding immer wichtiger. In Zeiten von Social Media werden die Mitarbeitenden in den Unternehmen zu bedeutenden Werbeträgern. Und damit wären wir bei der Digitalisierung – einem weiteren Trend, der auch unsere Aufgaben im Personal immer mehr beeinflusst.

Sie sind Leiter der Personalbetreuung bei der Rhätischen Bahn. Was sind Ihre Aufgaben?

Mit meinem Team gestalte ich die gesamte Wertschöpfungskette im Bereich Beratung und Coaching von Führungskräften: Wir starten bei der Personalplanung und -gewinnung, engagieren uns im Personalmarketing und unterstützen die Personalbetreuung und -erhaltung. Damit begleiten wir den gesamten Lifecycle unserer 1’500 Mitarbeitenden.

Nach über 15 Jahren hören Sie als Dozent auf. Warum?

Mit meinem neuen Arbeitsort in Chur und der sehr spannenden Aufgabe bei der RhB lag das Engagement als Dozent – auch aufgrund der Wegdistanz – nicht mehr drin. Es waren allerdings 15 motivierende Jahre!

Was werden Sie vermissen?

Auf jeden Fall den Austausch mit den Studierenden. Auch das Gefühl, ein Teil des Erfolges von den Studierenden gewesen zu sein, wird natürlich fehlen. Aber ich freue mich darauf, mich voll und ganz auf meine Tätigkeit bei der Rhätischen Bahn konzentrieren zu können und bin sehr motiviert, genau das umzusetzen, was ich jahrelang doziert habe.

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