Rund neun Stunden Flug und exakt sieben Stunden Zeitverschiebung trennen den gebürtigen Ostschweizer Kay Kunz von seiner Heimat. Denn er lebt seit drei Jahren in Milwaukee, etwas nördlich von Chicago – und hat dort schon einiges erreicht. Wie sein Weg nach oben aussah und weshalb er besser Schwedisch gelernt hätte, verriet uns der sympathische Thurgauer im Skype-Interview.
Herr Kunz, was verschlug Sie in die USA?
Die Liebe. Meine Partnerin ist Amerikanerin. Nach ein paar Jahren Fernbeziehung war es 2014 dann an der Zeit, zusammenzuziehen. Da sie ein grosser Familienmensch ist und ich eher ein Wandervogel, war es klar, dass ich in die USA auswandere.
Das tönt so einfach. War es nicht schwierig für Sie, in den USA einen Job zu bekommen?
Einfach war es sicher nicht, vor allem, weil meine Muttersprache nicht Englisch ist und ich mich damit erst einmal einfinden musste. Aber mit einer soliden Ausbildung sind Fachleute auf der ganzen Welt gefragt.
Apropos solide Ausbildung: Sie haben an der Akademie St.Gallen die Ausbildung zum dipl. Betriebswirtschafter HF gemacht. Gilt so eine Schweizer Ausbildung in den USA etwas?
Ja, auf jeden Fall. Ursprünglich absolvierte ich ja eine Lehre als Metallbauzeichner. Allein damit wäre ich wohl nicht dahin gekommen wo ich jetzt bin – weder beruflich noch geografisch. Die Ausbildung an der Akademie war für mich Voraussetzung für den Bachelor in der Schweiz und den anschliessenden Master im Bereich Business Administration mit Schwerpunkt Unternehmenskommunikation hier in den USA – quasi das Sprungbrett für meine Karriere. Ich musste die Noten zwar ins Amerikanische Notensystem übersetzen lassen, es wurde aber alles problemlos anerkannt.
Was machen Sie nun beruflich?
Ich bin bei der Firma Kohler als Einkäufer in der Generatoren-Sparte tätig. Dort erledige ich alle Tätigkeiten, die mit Prototypen zu tun haben und arbeite eng mit Lieferanten zusammen. Das Material muss rechtzeitig hier sein und die Qualität muss passen; bei Problemen kooperiere ich mit der Qualitätsabteilung. Mein Arbeitsalltag ist sehr vielfältig, was meine Tätigkeit unglaublich spannend macht.
Gibt es grosse kulturelle Unterschiede in der Arbeitswelt zwischen den USA und der Schweiz?
Im Vergleich zur Schweiz oder Europa allgemein, denkt man in Betrieben in den USA insgesamt sehr kurzfristig. Daran musste ich mich anfangs gewöhnen. Aber insgesamt ist es doch eine ähnliche Kultur und ich arbeite gerne hier.
Können Sie das an der Akademie Gelernte im Beruf aktiv anwenden?
Ja. Gerade wenn es um die Berechnung von Finanzkennzahlen geht, kann ich das Gelernte sogar sehr häufig anwenden. Ich habe meine Unterlagen hier, da schaue ich dann bei Bedarf einfach kurz nach. Aber die Akademie hat mir insgesamt noch viel mehr gebracht. Neben dem grossen Fachwissen profitiere ich auch von viel mehr Sicherheit. Die Ausbildung hat mich befähigt, Aufgaben und damit Verantwortung zu übernehmen. Das verdanke ich nicht zuletzt den sehr guten Dozenten, die den Stoff praxisnah und verständlich vermittelten. Das kommt mir auch jetzt noch zugute. Ich kann die Ausbildung in der schönen Ostschweiz nur empfehlen.
Gibt es im Nachhinein etwas, was Ihnen in der Ausbildung fehlte?
Hmm … Schwedisch vielleicht (lacht).
Schwedisch?
Ja. Das ist eine lustige Geschichte: Geografisch kennen sich die Amerikaner in Europa nicht wirklich aus. Deshalb wird die Schweiz meist mit Schweden verwechselt. Ein Lieferant hat mal den Vogel abgeschossen: Er wusste, dass ich aus der Schweiz (oder eben Schweden) komme, hat es lieb gemeint und mir eine Mail auf Schwedisch verfasst. Ich spreche natürlich kein Wort Schwedisch und musste diese dann erstmal mithilfe von Google Translate entziffern (lacht).
Was gibt es sonst noch für Klischees gegenüber Schweizern?
Oh, da könnte ich Ihnen einiges erzählen. Das beginnt schon damit, dass viele Amerikaner total erstaunt darüber sind, dass es in der Schweiz einen McDonald’s gibt. Sie assoziieren mit meinem schönen Heimatland immer nur Kühe, Schokolade und Uhren.
Hören wir da ein bisschen Sentimentalität heraus? Vermissen Sie die Schweiz?
Mir gefällt es eigentlich recht gut hier. Vor allem aber vermisse ich meine Familie und Freunde und auch ein paar Lebensmittel. Brot mit einer guten Kruste oder richtig schön rezenter Käse – das geht mir schon ab. Ansonsten natürlich die Berge. Hier ist ja alles flach. Aber der grosse Lake Michigan vor der Haustür entschädigt ganz gut.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Kunz.