Linda Meier arbeitet als Chefsekretärin und Marketingverantwortliche in einer Kinderwunschklinik. Im Gespräch erzählt uns die 24-Jährige, wie Marketing für ein so emotionales Thema funktioniert und in welchen Situationen ihr Job besonderes Einfühlungsvermögen fordert.
Linda Meier, Sie arbeiten für die Kinderwunschklinik FIORE und für das Labor fiore LAB AG. Erzählen Sie uns doch, für welche Bereiche Sie zuständig sind.
Ich arbeite zum einen als Chefsekretärin für die fiore LAB AG, ein Labor, das natürlich von der Kinderwunschklinik fiore aber auch von anderen Kliniken Aufträge entgegennimmt. Und zum anderen arbeite ich für die Kinderwunschklinik FIORE als Marketingverantwortliche. Meine Aufgaben verteilen sich halbe-halbe auf die beiden Unternehmen, was meinen Berufsalltag sehr vielseitig und interessant macht.
Marketing für eine Kinderwunschklinik. Das stelle ich mir schwierig vor.
Ja, unsere Art von Marketing ist tatsächlich etwas aussergewöhnlich und nicht das «typische» Marketing, wie man es von anderen Unternehmen kennt. Wir machen keine Plakate oder Kampagnen, welche die Betroffenen direkt ansprechen. Das würde bei einem so persönlichen und emotionalen Thema nicht passen. Wir kümmern uns deshalb vor allem um die «Zuweiserpflege» und arbeiten mit Gynäkologen zusammen. Sie sind die erste Anlaufstelle für kinderlose Paare.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Wir organisieren unter anderem Events für die Ärzte – zum Beispiel Fortbildungen – mit dem Ziel, dass uns die Gynäkologen im Hinterkopf behalten und zu einem späteren Zeitpunkt auf uns zukommen.
Sie haben erwähnt, dass Sie auch Sekretariatsaufgaben übernehmen. Haben Sie auch direkten Kontakt zu den Patienten?
Ja, während ich im Marketing vorwiegend den Kontakt zu den Ärzten pflege, empfange ich im Sekretariat die Patienten oder führe ein telefonisches Beratungsgespräch mit ihnen durch.
Wie erleben Sie diesen persönlichen Kontakt?
Es ist eine Aufgabe, die viel Einfühlungsvermögen und Sozialkompetenz fordert. Gerade die Telefongespräche dauern oft länger. Hier muss man sich die Zeit und die Geduld nehmen, um auf sein Gegenüber einzugehen und alles in Ruhe zu erklären. Viele Patienten müssen sich dazu überwinden, uns überhaupt anzurufen. Ein unerfüllter Kinderwunsch ist ein emotionales Thema. Umso wichtiger ist es, dass ich während des Telefongesprächs die richtigen Worte finde und sympathisch wirke. Nur so kann auch Vertrauen entstehen.
Dann gehört diese Aufgabe zu den grössten Herausforderungen in Ihrem Berufsalltag?
Ich mag den Kontakt zu den Patienten und führe gerne Gespräche mit ihnen. Als Herausforderung würde ich eher das bezeichnen, was ich gleichzeitig auch so schätze: die Vielseitigkeit in meinem Job. Zum einen ist es sehr abwechslungsreich, für zwei verschiedene Bereiche zu arbeiten, zum anderen führt genau diese Tatsache manchmal dazu, dass ich mich zu wenig auf eine bestimmte Aufgabe fokussieren kann. So kommt es zum Beispiel vor, dass ich gerade mit der Organisation eines Events beschäftigt bin und diese Arbeit dann für einen Job im Sekretariat unterbrechen muss. Das ist manchmal nicht so einfach. Aber wie gesagt: Genau das macht es eben auch so spannend!
Sie müssen also oft viele Dinge gleichzeitig im Kopf haben.
Ja, das hilft mir aber auch, den Überblick zu behalten und vernetzt zu denken. Das vernetzte Denken ist beim Erledigen von vielen Aufgaben sehr hilfreich. Und es war auch der Grund, der mich zur Weiterbildung an der Akademie St.Gallen bewogen hat.
Sie lassen sich dort zur Dipl. Marketingmanagerin HF ausbilden …
Genau. Das Marketing interessiert mich zwar sehr, es war mir aber wichtig, dass sich die Weiterbildung nicht nur auf dieses eine Thema konzentriert. An der Akademie St.Gallen beschäftigen wir uns vom ersten bis zum sechsten Semester immer wieder mit dem Marketing, befassen uns aber auch mit vielen anderen Bereichen wie Rechnungswesen, Finanzen, Personalmanagement, Volkswirtschaftslehre oder Forschung und Entwicklung. Man kann es als eine Ausbildung in Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt auf Marketing bezeichnen. Diese Kombination hilft mir dabei, die einzelnen Abteilungen eines Unternehmens miteinander zu verknüpfen. Man kommt vom «Abteilungsdenken» weg und sieht, welche Auswirkungen die Handlungen in einem Bereich auf die anderen haben.
Sie sind jetzt im sechsten Semester, die Weiterbildung dauert drei Jahre. Eine anstrengende Zeit?
Klar ist eine Weiterbildung immer eine zusätzliche Belastung zum Job. Aber ich kann wirklich sagen, dass ich die Motivation nie verloren habe und gerne zur Schule gehe. Das liegt auch daran, dass die Akademie St.Gallen sehr gut organisiert ist. Der Umgang ist sehr freundlich und die Lehrpersonen gestalten den Unterricht interessant.
Wie viel Zeit nimmt die Schule denn neben Ihrem Job in Anspruch?
Der Unterricht findet immer am Montagabend und den ganzen Mittwoch statt. Die Weiterbildung ist so ausgelegt, dass ein 80-Prozent-Pensum im Job möglich ist. Ein tolles Angebot für alle, die sich berufsbegleitend weiterbilden möchten.
Sie haben einen Bürojob und sitzen oft im Schulzimmer. Zieht es Sie in Ihrer Freizeit in die Natur?
Ja, die Bewegung im Freien ist wichtig, um einen Ausgleich zu haben. Ich bin oft mit meinem Parson Russel Terrier unterwegs, mache Agility und Mantrailing mit ihm. So hat mein Hund die Kopfarbeit und Auslastung, die er braucht, und ich bleibe in Bewegung. Auch wenn ich einmal müde bin, gibt es keine Ausrede: Wer einen Hund hat, der muss raus! Und ist man dann erst einmal an der frischen Luft, ist die Müdigkeit schnell vergessen und man kann prima abschalten und durchatmen.