André Poltera ist Lehrgangsleiter und Fachdozent für den Lehrgang «HR-Fachleute mit eidg. FA». Im Hauptberuf arbeitet er als Personalberater und HR-Fachmann. Wir sprechen mit ihm darüber, wie der Transfer von Praxis in die Theorie gelingt und warum fast alle seiner Studierenden die eidgenössische Prüfung bestehen.

Herr Poltera, Sie sind seit über 30 Jahren im Personalbereich tätig und geben Ihr Wissen seit etwa der Hälfte der Zeit auch als Fachdozent weiter. Was reizt Sie an dieser Kombination?

Bei beidem gefällt mir vor allem der Umgang mit Menschen. Im Beruf habe ich viel mit den Mitarbeitenden zu tun. Gute Lösungen für sie und den Arbeitgeber zu finden, das bereitet mir Freude. An der Akademie kann ich dann meine Erfahrungen und mein Wissen an die Studierenden weitergeben. Diese beiden Seiten ergänzen sich für mich zu einer erfüllenden Berufstätigkeit. Ich freue mich, junge Leute dabei zu unterstützen, eine hervorragende Ausbildung in einem tollen Beruf zu erlangen.

Kommen alle Dozenten an der Akademie St.Gallen wie Sie aus der Praxis?

Ja, darauf legt die Akademie grossen Wert. Wir wollen nicht nur theoretisches Wissen vermitteln; das können auch Bücher. Wir wollen Wissen transformieren, es veranschaulichen. Wir wollen die Theorie greifbar machen und an die Studierenden weitergeben. Das ist unser Anspruch und das geht nur mit Dozenten, die aus dem Berufsalltag berichten können.

Wie genau bringen Sie die Praxis in den Unterricht? Mit Anekdoten von Ihrer Arbeit als Personalberater?

Natürlich bringe ich Fallbeispiele aus der erlebten Praxis in den Unterricht ein. Aber vor allem verknüpfen wir mit einer «Scheinfirma» die theoretischen Inhalte mit der Praxis. Unsere Studierenden setzen im Kontext dieser Unternehmung verschiedene Themen in die Praxis um.

Zum Beispiel?

Zum Beispiel sagen wir, die Firma hat noch kein Entlohnungskonzept. Dieses müssen die Studierenden dann entwerfen mit allen Parametern, die da hineinspielen. Oder es gilt, einen neuen Rekrutierungsprozess zu entwickeln.

Liegt in diesem hohen Praxisbezug auch das Erfolgsrezept für die herausragende Erfolgsquote bei der eidgenössischen Prüfung? Da haben vergangenes Jahr 95 % der Studierenden von der Akademie St.Gallen bestanden. Schweizweit waren es nur 74 %.

Sicher liegt das gute Ergebnis auch am Praxisbezug. Die eidgenössische Prüfung wurde ja vor zwei Jahren neu gestaltet. Sie orientiert sich jetzt an Handlungskompetenzen. Den Hauptgrund für den Erfolg unserer Studierenden sehe ich aber vor allem in der intensiven Prüfungsvorbereitung. Dafür nehmen wir uns ein ganzes Semester Zeit. Deshalb dauert die Ausbildung an der Akademie auch drei statt zwei Semester wie bei anderen Schulen.

Was passiert in diesem dritten Halbjahr?

Die Studierenden arbeiten hauptsächlich in Gruppen an verschiedenen Fällen. Dabei simulieren wir sämtliche Prüfungsformen der eidgenössischen Fachprüfung. Wir stellen HR-Prozesse nach, nehmen das ganze auf Video auf und analysieren diese im Nachgang. Ausserdem schreiben wir Mini-Cases und erarbeiten prüfungsrelevante Themen in der Gruppe. Bei all dem werde ich von weiteren Personalexperten aus der Wirtschaft unterstützt. Zum Schluss kommt dann die Prüfung.

Also die eidgenössische?

Noch nicht. Wir haben einen schulinternen Abschluss, der inhaltlich gleich verläuft wie die eidgenössische Prüfung. Eine Art Generalprobe, sozusagen. Wer diese besteht, bekommt unser schulinternes Diplom. Und danach besteht er oder sie mit grosser Wahrscheinlichkeit auch die eidgenössische Prüfung.

Sie sagten, die eidgenössische Prüfung legt ihren Fokus vermehrt auf Kompetenzen. Was müssen die Studierenden nachweisen?

Die Prüfung besteht aus fünf Teilen. Im ersten Teil geht es um theoretisches Wissen. Die Fragen werden am PC beantwortet und sind sehr anspruchsvoll. Für die Studierenden heisst das: Die Theorie muss sitzen. Hier waren wir im letzten Jahr sehr gut unterwegs, dank unserer vertieften Grundlagenausbildung in den ersten beiden Semestern. Ausserdem können die Studierenden an der Akademie St.Gallen mit demselben Tool üben, mit dem dann auch die Prüfung durchgeführt wird. Der zweite Prüfungsteil ist der kompetenzbasierte Teil. Hier müssen die zukünftigen HR-Fachleute eine Fallstudie schriftlich lösen. Dann gibt es noch drei mündliche Prüfungen bestehend aus einer Videoanalyse, dem Beantworten von Mini-Cases und der Durchführung einer Präsentation.

Und auf all das werden die Studierenden an der Akademie St.Gallen vorbereitet?

Ganz genau. Alle Prüfungsteile werden im dritten Semester mehrmals durchgespielt – in Gruppen und auch einzeln. Doch verstehen Sie mich nicht falsch: Diese intensive Vorbereitung ist ein enorm wichtiger, aber nicht der einzige Grund für die hohe Erfolgsquote unserer Studierenden.

Was spielt denn noch eine Rolle?

Nebst dem Lehrgang selbst ist auch das Lernumfeld wichtig. Dazu gehören moderne Arbeitsmittel genauso wie zeitgemässe Räumlichkeiten. Einen noch grösseren Einfluss aber haben unser Sekretariat und die Schulleitung. Sie schaffen eine rundum positive Atmosphäre. Unsere Studierenden fühlen sich sehr gut aufgehoben, das höre ich immer wieder.

Was sollten die Studierenden mitbringen, um Ihren Lehrgang erfolgreich abschliessen zu können?

Die neue handlungsorientierte Prüfung ist sehr anspruchsvoll. Das erfordert eine gute Grundausbildung. Auch eine breite Erfahrung in verschiedenen Personalbereichen ist sicher von Vorteil.

Können auch Sie als Dozent hin und wieder etwas von Ihren Studierenden lernen?

Natürlich. Durch die Lehrgänge bekommt man Einsichten, wie andere Unternehmen mit Herausforderungen umgehen. Die meisten Prozesse im Personalbereich sind ja nicht genormt. Da gibt es bei der Umsetzung ganz unterschiedliche Ansätze. Und darüber tauschen wir uns aus. Ich lerne also durchaus auch noch dazu.

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