Herr Marti, auf einer Gemeindeverwaltung gibt es viel zu tun. Was sind Ihre Hauptaufgaben?
Ich arbeite als Bausekretär von Goldach, eine Gemeinde mit rund 9500 Einwohnern am Bodensee. Goldach hat viele Wohn- und Industriequartiere mit mehreren Hundert Arbeitsplätzen. Es wird viel gebaut, in der Coronazeit mehr um- als neu gebaut. Mir obliegt es unter anderem zu prüfen, ob die gesetzlichen Bestimmungen bei den Baugesuchen eingehalten werden. Dann bereite ich die Bewilligungen vor, um sie dem Gemeinderat zur Entscheidung vorzulegen. Ich bin sozusagen der «Schreiber» der Bauverwaltung und bereite viele Sachgeschäfte vor. In der Baukommission, der übrigens auch der Gemeindepräsident angehört, beraten wir Baugeschäfte erst im kleinen Gremium, damit im Gemeinderat effizient entschieden werden kann.
Welche Aspekte Ihrer Weiterbildung zum «Fachmann öffentliche Verwaltung mit eidg. FA» an der Akademie St.Gallen helfen Ihnen, diese Aufgaben noch besser zu bewältigen?
Die ersten fünf Module der Weiterbildung wurden vorausgesetzt, um für die Spezialisierung «Fachmann Bau und Umwelt» zugelassen zu werden, welche ich anschliessend besuchen werde. Die ersten Module haben weniger mit meinem aktuellen Berufsalltag zu tun – so benötige ich nicht unbedingt Kenntnisse des ZGB und des Betreibungsrechts – doch ich merke, dass es nützt, um gesamtrechtliche Zusammenhänge besser beurteilen zu können. Indem ich weitere Rechtsgebiete kennenlerne, bekomme ich ein besseres Gespür für das Rechtssystem und wie es funktioniert.
Können Sie das allgemein vermittelte Wissen auch in Ihrem Alltag anwenden?
Ja, sicher. Eine Weiterbildung ist ja nicht nur für den aktuellen Job nützlich. Wer sich mit neuem Wissen befasst, gewinnt immer – nicht zuletzt an Sicherheit. Ich fühle mich sicherer in Diskussionen, in denen es um Themen wie Familien- oder Erbschaftsrecht geht. Wenn in meinem Arbeitsalltag dazu einmal Fragen vorkommen, sind sie für mich kein Neuland mehr. Wissen ist nie umsonst, es füllt den Rucksack. Und dieser ist wertvoll – auch wenn er momentan vielleicht nur dazu dient, Rücken und Schultern zu stärken.
Wie war es für Sie, wieder die Schulbank zu drücken?
Ich bin Familienvater mit drei Kindern. Wenn ich am Samstagmorgen Schule habe, ist das Wochenende kürzer. Der Samstag als unser Lieblingsausflugtag hat ein wenig gelitten. Aber es geht ja nur darum, ihn für eine Zeitlang ein wenig zurückzustellen.
Wann erleben Sie schöne Momente bei der Arbeit?
Wir können auch über das Rechtliche hinausgehend beraten, oder sogar Verbesserungsvorschläge anbringen. Beispielsweise schildern, dass ein veränderter Grundriss diesen oder jenen Vorteil bringen könnte. Die Leute sind sehr froh um solche Hinweise. Bauen ist eine hoch emotionale Angelegenheit, es macht Freude, hier die Angst ein wenig nehmen oder einen Tipp geben zu können.
Bisher war der Abschluss an der Gemeindefachschule ein kantonales Diplom. Sie gehören zum ersten Jahrgang, der mit eidg. Fachausweis abschliessen darf. Sehen Sie darin Vorteile? Oder planen Sie sogar, damit an einer Fachhochschule weiterzustudieren?
Ein eidg. Fachausweis hat auf jeden Fall einen hohen Stellenwert auf dem Arbeitsmarkt. Die Spezialisierung dient in meinem Falle dem Gebiet „Bau und Umwelt“. Personalverantwortliche wissen, was ein Fachausweis ist und welche Leistung dahintersteht. Momentan überlege ich, welche weiteren Weiterbildungen ich angehen kann.
Passion Inside! Wofür können Sie sich am meisten begeistern?
Ich finde es schön, wenn man auf sein Werk stolz sein kann. Ich brauche an der Arbeit eine gewisse Komplexität, Routinearbeit ist gar nichts für mich. Wenn ich mich einlesen und reinknien muss, macht mir das Freude. Mein Motto ist: Der Mensch wächst an seinen Herausforderungen. Ich finde, man darf Leute durchaus mal ein wenig ins kalte Wasser werfen und mit Schwierigkeiten konfrontieren – nur so bekommen sie eine Chance, uns oder auch sich selbst positiv zu überraschen.